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„Und alle so still“ von Mareike Fallwickl

Buchcover „Und alle so still“ von Mareike Fallwickl

„Und alle so still“ von Mareike Fallwickl ist nicht weniger als eine große Gesellschaftskritik – und der Entwurf einer neuen Ordnung.

Da, wo Mareike Fallwickl in „Und alle so still“ darauf vertraut, dass ihre Figuren und ihre subtil gewobene Handlung die Leser:innen erreichen, und sie sich nicht durch Explizites absichert, gelingt etwas Magisches.

„Und alle so still“ von Mareike Fallwickl ist unsere Buchempfehlung der Woche.

Was passiert eigentlich, wenn alle mal aufhören, mitzumachen? Vor dem Hintergrund dieser Frage zeichnet Mareike Fallwickl die gesellschaftliche Verzahnung des Patriarchats aus drei Perspektiven: die der Krankenpflegerin Ruth, der Influencerin Elin und des Zeitarbeiters Nuri. Sie alle leiden unter dem System: Ruth unter dem kaputtgesparten Gesundheitssystem und als versöhnende Tochter einer zerbrochenen Familie; Elin unter Sexismus in den Sozialen Medien und der individualistischen Empowerment-Ideologie ihrer Mutter; Nuri unter der Ausbeutung der Gig Economy und den Erwartungen, die an Männer gestellt werden.

Ein Tag im Juni bietet die Chance auf Veränderung, als Frauen sich plötzlich weigern, ihre Rollen weiter auszuführen. In den Räumen, welche sie sich schaffen, scheint plötzlich eine andere Ordnung möglich: eine, in der Zuneigung und Fürsorge nicht Schwächen sind, die ausgebeutet werden, sondern Stärken, welche die Grundlage einer neuen Welt sein könnten. Es ist undankbar, die Welt so abzubilden, wie sie ist. Fast so undankbar, wie glaubhaft eine Alternative aufzuzeigen – beides endet schnell als Planspiel. Davor ist auch Fallwickl nicht ganz sicher: Gelegentlich grenzen Nebenfiguren, die patriarchale Missstände aufzeigen, an Karikaturen, und der innere Monolog ihrer eigentlich so unterschiedlichen Hauptfiguren ähnelt sich ungemein – wenn sie ihre Situation im Patriarchat analysieren. Da aber, wo Fallwickl darauf vertraut, dass ihre Figuren und die subtil gewobene Handlung die Leser:innen erreichen, und sie sich nicht durch Explizites absichert, gelingt etwas Magisches: Sie zeigt, dass es auch anders geht.

Mit „Und alle so still“ hat es Mareike Fallwickl auf unsere Liste der besten Bücher im Mai 2024 geschafft.

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