Jägerin und Gejagte
Mit seinen dunklen Ecken und unvorhersehbaren Wendungen ist der Roman von Véronique Olvaldé strukturiert wie ein Mystery-Thriller, liest sich aber viel leichter.
Lange Zeit wissen wir nicht, was wir denken oder fühlen sollen. Véronique Ovaldé enthüllt die Geheimnisse von „Niemand hat Angst vor Leuten, die lächeln“ nur sehr gemächlich – und dass sich die Handlung auf zwei Zeitebenen abspielt, macht es nicht einfacher. In der Gegenwart reist die alleinerziehende Mutter Gloria überstürzt in das Haus ihrer Großmutter im Elsass, die beiden Töchter müssen wohl oder übel mit. Wovor flieht die Familie? Es dauert, bis wir es erfahren. Bis dahin erzählt Ovaldé von Glorias Jugend, ihrem Aufwachsen an der Côte d’Azur, ihrer Liebe zu dem Schmuggler Samuel – wo ist der eigentlich? Auch das bleibt lange unklar. Mit seinen dunklen Ecken und unvorhersehbaren Wendungen ist der Roman von Véronique Ovaldé strukturiert wie ein Mystery-Thriller, liest sich aber viel leichter: Die Erzählerin schildert Glorias Geschichte mit bunter Poesie und konspirativer Vertrautheit, als würde sie nicht nur die Figuren, sondern auch die Leser*innen schon ewig kennen. Wenn sich das Puzzle schließlich zusammensetzt und sich der Roman als düstere Auseinandersetzung mit Patriarchat und Obsession entpuppt, ist die Wirkung darum umso stärker.
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