Geisterstadt
In „Bad Regina“ entwirft David Schalko ein wunderbar groteskes wie plausibles Szenario, das den Untergang Europas vor einer Bergkulisse abbildet.
Über den Untergang Europas vor Bergkulisse hat schon Christian Kracht in „Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“ fantasiert. „Bad Regina“ von David Schalko spielt allerdings nicht in einem Paralleluniversum, und seine Helden – wenn man sie so nennen kann – sind ganz normale Österreicher. Dass es David Schalko trotzdem gelingt, eine zutiefst gespenstische Atmosphäre heraufzubeschwören, liegt weniger an Stil oder Sprache, sondern vielmehr an dem so grotesken wie plausiblen Szenario, das er entwirft: Der ehemalige Kurort Bad Regina liegt tief in den Alpen vergraben. Heute ist die Einwohnerzahl im zweistelligen Bereich, die Häuser stehen leer, die Touristen bleiben weg.
Einziges Anzeichen der Außenwelt ist der chinesische Investor Chen, der ein Gebäude nach dem anderen aufkauft. Eines Tages beschließt Othmar, alkoholabhängiger Betreiber eines lang zugesperrten Clubs, der Sache auf den Grund zu gehen – und Chen für immer loszuwerden. Dabei sollen ihm die wenigen Verbliebenen helfen: der Wirt, in dessen Kneipe der einzige Geflüchtete im Dorf Stammgast ist, der Adelige in seinem leeren Schloss, der korrupte Bürgermeister. Sie alle sind alt, fett, dumm und faschistisch, und ihr vorhersehbares Scheitern ist bei aller Bitterkeit oft sehr lustig. So wird das kleine Bad Regina zur Allegorie für Österreich und für Europa. Und die Thomas-Bernhard-Zitate legt Schalko seinen Figuren bequemerweise gleich selbst in den Mund.