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„Zensus“ von Jesse Ball: Die Vermessung der Welt

Buchcover „Zensus“ von Jesse Ball

In „Zensus“ schickt Jesse Ball einen Jungen mit Down-Syndrom und seinen Vater auf eine letzte Reise, die zugleich traurig und tröstlich ist.

„Zensus“ von Jesse Ball ist unsere Buchempfehlung der Woche.

„Mein Bruder Abram Ball starb 1998. Er war vierundzwanzig Jahre alt und hatte das Down-Syndrom.“ In einem Vorwort erläutert der 44-jährige US-Autor Jesse Ball, wie er für seinen Roman die Perspektive verschiebt, um über den großen Bruder zu schreiben. Als Kind war Ball davon ausgegangen, er werde sein Leben lang der Begleiter seines Bruder sein und sich um ihn kümmern – und so ist es in „Zensus“ ein vielleicht 60 oder 70 Jahre alter Vater, der mit seinem geliebten Sohn, einem Jungen mit Down-Syndrom, eine letzte Reise eintritt.

Als der Vater von seinem Arzt erfährt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat, meldet er sich als Volkszähler bei einer mysteriösen Regierungsbehörde und reist fortan mit dem Sohn durch ein nicht näher benanntes, leicht surreales Land. Natürlich ist es ein melancholischer Ton, in dem Ball von diesem Roadtrip berichtet, der die Bilanzierung eines gelebten Lebens in sich trägt und an dessen Ende der Tod steht. Doch in den Begegnungen mit den Befragten, in den Reaktionen auf die offenbarenden Fragen des Sohnes liegt auch eine Lebensbejahung – die zugleich schmerzhaft und tröstlich ist.

„Zensus“ von Jesse Ball ist unsere Buchempfehlung der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Baby Jane“ von Sofi Oksanen vorgestellt.

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