„Die Diplomatin“ von Lucy Fricke: Plötzlich ist sie Deutschland
Nach „Töchter“ veröffentlicht Lucy Fricke mit „Die Diplomatin“ einen politischen Roman, dessen Aktualität derzeit leider täglich von den Nachrichten bestätigt wird.
Mit ihrem letzten Roman gelang Lucy Fricke vor fünf Jahren endlich der so verdiente große Erfolg, und „Töchter“ wurde auch sogleich mit Birgit Minichmayr und Alexandra Maria Lara fürs Kino verfilmt. Wenn die 48-Jährige nun nachlegt, scheint ihre fünfte Veröffentlichung ganz weit weg von der gefeierten Roadnovel über zwei Frauen und ihre Väter: „Die Diplomatin“ ist ein politischer Roman, dessen Aktualität derzeit leider täglich von den Nachrichten bestätigt wird.
Im Zentrum steht Friederike Andermann, die als deutsche Botschafterin in Istanbul arbeitet. Hier hat sie es mit inhaftierten Künstler:innen zu tun – und dann lässt sie sich auch noch auf eine Affäre mit einem deutschen Journalisten ein, der von der türkischen Justiz gesucht wird. Doch ist es gerade diese, von allen nur Fred genannte Protagonistin, die eine Verbindungslinie zu Frickes bisherigem Œuvre zieht: Sie hat diesen für die Autorin so typischen trockenen Humor, der hier die staatstragenden Rituale und ihre Verlogenheit, das diplomatische Geschwafel und den Zynismus der Kolleg:innen offenlegt. „Ich stehe da nur rum und bin Deutschland“, sagt Fred etwa, wenn wieder mal irgendein Empfang ansteht.
Mit „Die Diplomatin“ hat es Lucy Fricke auf unsere Liste der besten Bücher im April 2022 geschafft.