„Perfekt verpasst“: Finden sich Anke Engelke und Bastian Pastewka?
Zum ersten Mal sind sie gemeinsam in einer Serie zu sehen: Anke Engelke und Bastian Pastewka in der Romcom „Perfekt verpasst“ bei Amazon Prime Video.
Kommen sie zusammen, oder klappt es wieder nicht? Erstmals spielen Anke Engelke und Bastian Pastewka in einer kompletten Serie – „Perfekt verpasst“ auf Amazon Prime Video – die Hauptrollen und sollen verkuppelt werden, doch alles geht schief. Aber was geht mit dem Ort der Handlung – Marburg – schief?
Anke Engelke („Deutsches Haus“, „Deutschland 86“ und „Deutschland 89“, „Mein Sohn“, „Das letzte Wort“) ist längst nicht mehr nur im komischen Sektor zu Hause, sie hat schon viel ernste Rollen in hervorragenden Film- und Serienproduktionen gespielt. Nicht ganz so facettenreich agiert Bastian Pastewka („Pastewka“, „Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“), bei dem auch in Fernsehproduktionen mit nur leichtem komischen Einschlag immer wieder der gleiche zum Trotteligen neigende Charkater durchscheint, auch wenn er eine im Grunde ernste Rolle spielt. Gemeinsam haben Engelke und Pastewka bisher nur in komischen Formaten wie „Pastewka“ oder „Ladykracher“ gespielt, nie aber in einem langen Format in den Hauptrollen. Das hat sich jetzt mit „Perfekt verpasst“ erstmals geändert. Engelke spielt die überzeugte Singlefrau Maria, die noch immer mit ihrem Exfreund Max schläft, obwohl der inzwischen anderweitig liiert ist. Pastewka ist der frisch geschiedene Ralf, der außerdem zwei Kinder hat, die an der Schwelle zum Erwachsensein stehen.
„Perfekt verpasst“: Anonyme Oberstadt Marburg
Eingebettet sind beide in ein hervorragendes Ensemble: Bühnenschauspielerin Fritzi Haberlandt („Babylon Berlin“, „ZERV – Zeit der Abrechnung“) spielt die Betreiberin Nikki eines esoterischen Buchladens in der Marburger Oberstadt, Nikki ist zudem eine alte Freundin von Maria und gleichzeitig die neue Lebensgefährdin von Marias Ex Max. Michael Wittenborn („Schauspielhaus Hamburg, „Merz gegen Merz“, „Unter Freunden stirbt man nicht“) agiert als Marias Vater Wilhelm, der seine Tochter gerne verheiratet sähe, aber nicht so recht daran glaubt, dass sie die nötigen Qualitäten dafür mitbringt. Regisseurin Sabine Boss und Nicolas Berse-Gilles („Start the fck up“) haben die Serie nach dem Drehbuch von Sebastian Colley („Ho to sell Drugs …“, „Buba“) und Claudius Pläging („Der Nachname“) in Szene gesetzt. Produziert wurde die Serie von btf (bildundtonfabrik, „„Pauline“, „How to sell Drugs online (fast)), die für ihre schwarzhumorigen Formate bekannt ist.
Anke Engelke und Bastian Pastewka: Die Buchhändlerin und der Sportartikler
Die Handlung der Liebeskomödie in „Perfekt verpasst“ erleidet Schwankungen, die immer wieder auch durch die widerstreitenden Ansätze – hier schwarzhumorige Momente, da Schwergewicht auf der Liebeskomödie, hier Trotteligkeit, da das ernsthafte Leiden aufgrund einer Trennung – von tiefem Charakter und dem Willen zum Lacher entstehen. Manchmal entsteht der Riss mitten in einer Folge, manchmal weisen ganze Folgen am Stück diese Unterschied auf. Dann gibt es noch logische Brüche in der Handlung, die wohl nur Menschen mit Marburg-Kenntnissen auffallen: In der Marburger Oberstadt – dort soll die Serie ja komplett spielen, was gleich noch ein eigenes Thema sein wird – also: in der Marburger Oberstadt gibt es kein inhabergeführtes Einzelhandelsgeschäft, dessen Betreiber oder Betreiberin andere Geschäftsinhaber in der Oberstadt nicht seit Jahren oder Jahrzehnten kennen würde. Dass der Inhaber eines Sportartikelgeschäftes Ralf und die Buchändlerin Maria sich also überhaupt nicht kennen oder nicht mal ihr jeweiliges Geschäft zuordnen können, ist vielleicht in einer Großstadt möglich, aber nicht in Marburg. Und dass Marburg nur zwei Buchläden haben soll, einer davon ein esoterischer Gemischtwarenladen, ist einfach nur zum Lachen. Dass Marburg eine Unistadt ist, kommt überhaupt nur einmal als Behauptnng von Ralf gegenüber seiner zum Studium nach Köln ziehenden Tochter vor – als Unistadt mit Studierenden, die abends in den Kneipen abhängen, wird Marburg nie gezeigt, sondern lediglich als dekorative Stadt mit vielen Fachwärkhäusern. Und damit kommen wir zur größten Unstimmigkeit.
Seltsame Serie: Es geht nie bergauf in Marburg
„Es geht immer bergauf“ titelte Benjamin von Stuckrad-Barre, als er noch Auftragsjournalist war, 1996 in seinem Bericht von den ersten Marburger Komiktagen in der Tageszeitung taz. Natürlich hat er da übertrieben, es geht in Marburg ja auch bergab. In „Perfekt verpasst“ aber muss Anke Engelke, die nur mit dem Rad unterwegs ist, nie aus dem Sattel steigen, Das ist aber auch kein Wunder: Viele Szenen wurden nicht in Marburg gedreht, sondern in Liedberg bei Mönchengladbach. Liedberg hat wunderschöne Fachwerkhäuser, aber kaum Fußgängerzonen, dafür Garagen neben den Häusern, die es in der Marburger Oberstadt schlicht nicht gibt, in Liederg kommt die Altstadt ohne Auf und Ab aus. Einmal nur – ganz am Anfang – fährt Engelke / Maria den bekannten Marburger Oberstadtaufzug hoch und hat ihr Rad dabei – das passt, denn es ist ein perfektes Bild fürs einander Verpassen, denn Ralf/Pastewka steht mit dem Rücken zu ihr, er wartet auf den anderen Aufzug, um aus der Oberstadt runterzufahren. Erst in der allerletzten Folge der Serie sieht man immer wieder mal die Marburger Oberstadt, vielleicht auch – es ist nicht genau zu erkennen – den Marktplatz und die Treppe neben dem Rathaus. Zwar sind auch hier Anschlussfehler über Anschlussfehler zu entdecken, was soll’s, das ist ja normal bei Filmproduktionen, aber: Die Anmutung einer historischen Altstadt am Berg, die Enge der Oberstadt, die fast schon familiäre Nähe aller in dieser Innenstadt so zu verleugnen, wo doch mit Marburg als Ort der Handlung dauernd geworben wird: Das ist schon selten dreist.